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Der GSG-Gewerbekomplex Schellack-Höfe zeichnet sich durch seine phantastische Lage an der Spree und durch die architektonische Qualität der Bestandsbauten aus.
Das Ziel unseres Entwurfes ist es, den Standort nachhaltig zu entwickeln und in diesem Zuge 'Die Schellack-Höfe' als Adresse präsenter zu machen und in der Wahrnehmung des Quartiers aufzuwerten.

Die Aufgabe des Ideenwettbewerbs interpretieren wir dahingehend, dass neben einer Nachverdichtung der verfügbaren Flächen auch der räumliche Zusammenhang und die Aufenthaltsqualität der Freiräume verbessert werden sollen.

Ein wichtiger Bestandteil ist eine innovative neue Bebauung im südlichen Bereich an der Schlesischen Strasse. Unser Entwurfskonzept verbindet diese Themen in einem ganzheitlichen Vorschlag, womit der Standort Schellack-Höfe einerseits deutlich intensiver genutzt wird, andererseits sich für das Quartier öffnet und sich mit öffentlichen Räumen und Funktionen auf neue Weise in den Wrangel-Kiez integriert.

Momentan sind die beiden Höfe von Hausnr. 26 bzw. 27 durch Mauern und Brandwände getrennt und werden durch separate Stichstrassen erschlossen. Um den Standort als eine zusammengehörige Adresse nutzbar zu machen, wird eine Öffnung der Höfe und ein zusätzlicher, verbindender Durchbruch vorgeschlagen, welcher in einem momentan mit 'Leerstand' bezeichneten Gebäudeteil liegt.

 

Damit wird die Erdgeschosszone durchlässig und der Liefer- und Besucherverkehr lässt sich durch einen neuen Erschliessungs-Loop reibungslos organisieren. Dieser Loop erhält eine Zufahrt von der Schlesischen Strasse und bedient alle Eingänge und Ladebereiche im Gebiet. Im Zufahrtsbereich werden sowohl Besucherparkplätze als auch die Einfahrt zu einer zentralen Tiefgarage unterhalb des neuen Gebäudes angeordnet.

Das Konzept schliesst sich insoweit der Initiative 'Autofreier Wrangelkiez' an: für den erforderlichen Lieferverkehr sollen gute Bedingungen geschaffen werden, und für die bestehenden und zukünftigen Arbeitsplätze wird ein innovatives Mobilitätskonzept entwickelt, das die Nutzung und Präsenz individueller KFZ minimiert.

 

Die neu konzipierte Erschliessung ermöglicht es, frei werdende Verkehrsflächen zu entsiegeln und damit Möglichkeiten für die Aufwertung der Freiräume zu schaffen, z.B. durch Begrünung, durch Möblierung und v.a. auch durch Erschliessung der Uferbereiche, wo immer das möglich ist. Ausserhalb des gesicherten Schleusenbereiches kann die Böschung des Heckmannufers zum Kanal hin geöffnet werden und den nutzbaren Freiraum wesentlich erweitern.

Zur Nachverdichtung der teils denkmalgeschützten und vollständig genutzten 'Schellack-Höfe' wird die städtebauliche Figur des Hofkomplexes durch ein Brückengebäude komplettiert, das zwischen die westlich begrenzende Brandwand und südlichste Hof-Brandwand eingepasst wird. So entsteht ein 3-geschossiges Portal als Entrée zum zentralen Hof. Die Hoffigur erhält einen klaren Abschluss und umschliesst eine Sequenz unterschiedlich geschnittener Höfe.



 

Die Höfe sind verbunden, entwickeln aber einen jeweils eigenen Charakter, als Treffpunkt, Aufenthalts- oder auch Rückzugsort. Zusätzlich wird im Bereich zwischen den Brandwänden, wo sich die erdgeschossige Werkstatt befindet, ein flacher Bau ergänzt.
Der Hof kann dadurch ungestört von störenden Elementen bleiben und erhält ausserdem eine grosse begrünte Terrasse, die sowohl vom Hof erreichbar ist, als auch vom 1.OG der Nachbarbebauung aus, wenn dort die Brandwand geöffnet werden kann.

Die bestehenden introvertierten Höfe werden dementsprechend in ihrem ruhigen Charakter gestärkt und gewissermassen als 'Wohnzimmer' in mitten der Büroflächen eingerichtet. Der zentrale Hof und der Bereich entlang des Heckmann-Ufers werden stärker von Verkehr, Bewegung und Aktivitäten genutzt.

Die Lage der Schellack-Höfe bietet das Potential eines Zugangs zur Spree, was dem Standort eine zusätzliche neue Qualität hinzufügt. Zwei miteinander verbundene schwimmende Plattformen, die vom zentralen Hof oder vom Heckmann-Ufer aus erreichbar sind, könnten den Erschliessungs-Loop für Fussgänger bis an das Spree-Ufer erweitern.
Der Zugang vom Hof kann als Passage durch das 2-geschossige Erdgeschoss einfach realisiert werden. Dieser Vorschlag schliesst sich Planungen von ca. 2010 an, die einen öffentlichen Weg entlang des Spreeufers zum Ziel haben.

Entlang des Heckmann-Ufers wird der langgestreckte flache Bau zurückgebaut und der Bezug zum Ufer geöffnet. Hier soll ein 2-geschossiger Pavillon den Zugang zum Ufer markieren, und als Ausstellungs- oder Versammlungsraum eine öffentliche Funktion erhalten.


 

Die zur Disposition stehenden Bauten auf dem Flurstück 79/1 werden durch einen innovativen und nachhaltig konstruierten Neubau ersetzt. Dieser ist von der Strassenflucht der Schlesischen Straße zurückgesetzt, um die bestehenden Bäume an der Schlesischen Strasse als 'grüne' Adresse zu erhalten, bzw. zu ersetzen. In der Ausrichtung zum Heckmann-Ufer wird die Verbindungslinie zwischen den Schellack-Höfen und der Wohnbebauung südlich der Strasse aufgenommen.

Die Höhenentwicklung des Gebäudes orientiert sich am Umfeld, z.B. am Hochpunkt des Kirchturms der Taborkirche. Es erhöht die Sichtbarkeit des Standortes und markiert den Zugang nach Kreuzberg an der Schlesischen Brücke. Der kompakte footprint gewährt Freiräume zur Strasse hin und gute Zuwegung zu den Bestandshöfen.

 

Das Gebäude ist als kompaktes Volumen entworfen, das durch die Stapelung unterschiedlich bemessener Volumen eine grosse Vielseitigkeit an Raumtypen, Mieteinheiten und Nutzungen anbieten kann. Die Volumen staffeln sich nach oben hin zurück und orientieren sich auf verschiedenen Ebenen an städtebaulichen Bezügen des Umfelds.

Die Basis bezieht sich auf die angrenzenden Traufhöhen der Schellack-Höfe, und ist als solider Gewerbe-Block entworfen, mit Abmessungen, die für grössere Gewerbeeinheiten und evtl. auch Produktion geeignet sind. Im Erdgeschoss sind überwiegend öffentliche oder öffentlich zugängliche Nutzungen vorgesehen, wie z.B. Gastronomie oder auch gemeinschaftlich genutzte Räume für Konferenzen oder Ausstellungen.

Darüber werden kleinere, sich teils verschneidende Volumen angeordnet, die je nach Höhenlage auch unterschiedlich orientiert sind - z.B. direkt auf den Quartierszugang an der Schlesischen Brücke, oder in Richtung Spree auf den oberen Etagen. Auch die oberste Etage ist für kollektive Nutzungen vorgesehen. Das Gebäude kann dadurch sehr unterschiedliche Grundrisse und Ausblicke anbieten und es werden auf vielen Ebenen grosse Terrassen als begrünte Aussenräume für die Nutzer geschaffen.

Eine vergleichbare Staffelung findet sich auch in der Konzeption der Fassaden hinsichtlich Materialisierung und Öffnungsgrad. Der unterste Gebäudeteil ist massiv mit Fassaden aus glasiertem Backstein, wie es häufig bei Berliner Gewerbehöfen anzutreffen ist. Die oberen Volumen werden jeweils leicht unterschiedlich konzipiert, hinsichtlich Verglasungsanteil, Fassadenverkleidung und Farbtönen, um das Gesamtgebäude als lebendige Skulptur mit vielen Facetten zu gestalten.

team MVRDV: Jacob van Rijs, Sven Thorissen, Klaas Hofman, Lennaart Sirag, Franziska Wollscheid
morePlatz: Johannes Schele, Caro Baumann


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